Frau Christel Fermum betreute vom 1. Januar bis 17. 2. 1990 das Büro des Untersuchungsausschusses der Stadt Greifswald. 1990 entstanden die ersten Vereine. Frau Fermum war ab 1. April tätig beim Verein für Politische Bildung & Soziale Demokratie e.V. und nach der Kommunalwahl als Sekretärin von Oberbürgermeister Dr. Reinhard Glöckner.Zwei Schreiben an die SPD. Beide Schreiben waren mit Namen und Adresse versehen.
SPD-Mitglieder aus Greifswald nahmen im Januar 1990 an politischen Schulungen der Gustav-Heinemann-Bildungsstätte teil.
Die Betriebsgewerkschaftsleitung im Kernkraftwerk Lubmin musste sich im Dezember 1989 und Januar 1990 mit Beitragsveränderungen befassen. Der FDGB-Bundesvorstand hatte in dieser Zeit der Veränderungen nichts anderes zu tun!
Eine Wahlkampfrede von Hinrich Kuessner, gehalten bei der Kundgebung mit Willy Brandt auf dem Greifswalder Marktplatz am 17. 3. 1990
Liebe Bürgerinnen und Bürger von Greifswald und Umgebung!
Morgen ist ein Festtag für unsere junge Demokratie. Nur wenige werden schon einmal in ihrem Leben die Möglichkeit gehabt haben, mitzuentscheiden, wer für uns regieren soll.
Rufen wir uns die letzten Monate noch einmal kurz ins Gedächtnis. Am 18. Oktober gingen wir in Greifswald als erste im Norden nach dem Friedensgebet auf die Straße. Wir erstritten den ersten Mensadialog am nächsten Tag. Wir lernten, dass man auf der Straße in der Solidarität mit vielen andern Bürgern im Land Rechte erstreiten kann. Am 25. Oktober forderten wir freie Wahlen für den 6. Mai 1990.
Am 9. November wollten wir in der Mensa über das Reisegesetz diskutieren. Während der Veranstaltung öffnete sich die Mauer.
Am 22. November demonstrierten wir für die Auflösung der Stasi und diskutierten abends in der Mensa mit der Stasi-Bezirksleitung. Um Mitternacht war ich mit einigen Bürgern zum ersten Mal im Stasigebäude und besah den Keller. Am 4. Dezember versiegelten wir Panzerschränke der Stasi, der SED-Kreisleitung und des Rates der Stadt, am nächsten Tag der Stasi im Kernkraftwerk. Die Arbeit des Untersuchungsausschusses begann.
Der Runde Tisch wurde gebildet und die Ausformung der Demokratie begann in unserer Stadt.
Wir lernten, dass uns nichts geschenkt wird. Nur was wir auf der Straße oder am Runden Tisch energisch und mit Sachkenntnis forderten, setzten wir durch. Die SED und ihr altes System gaben von sich aus nichts zu und unterstützten den Aufbau der neuen Demokratie nur so weit, wie sie es mussten. Ein Beispiel dafür ist, dass die neuen Kräfte in Greifswald bis heute nur provisorische Arbeitsmöglichkeiten haben. Die Demokratie ist von der SED und ihrer umbenannten PDS nicht gewollt. Sie musste ihr abgerungen werden. Jede Stimme für die PDS ist eine Stimme für dieses alte System, ein Dank an die alten Machthaber.
Morgen wollen wir die Demokratie in unserem Land festschreiben. Darum ist es wichtig, dass wir alle zur Wahl gehen und eine gültige Stimme für die demokratischen Kräfte abgeben. Wir brauchen eine handlungsfähige Regierung, die bei den großen Herausforderungen bestehen kann.
Ich selbst kandidiere für die Liste 20 der SPD, damit die Vereinigung der beiden deutschen Staaten sozial gestaltet wird. Dazu müssen sofort Gesetze für die sozial Schwachen bei der Einführung der sozialen Marktwirtschaft geschaffen werden.
Wir wollen eine Demokratie, in der der Bürger seine Interessen selbst vertreten kann, wo ihm nicht von oben, von Vater Staat Gnadengeschenke gereicht werden. Die Vereinigung der Bürger zur Durchsetzung ihrer Interessen und zur gemeinsamen Gestaltung ihres Lebens sind das Herzstück unserer neuen Demokratie. Darum setzen wir uns ein
- für starke Gewerkschaften in den Betrieben,
- für die Bildung von Berufsverbänden,
- für die Bildung von Behindertenverbänden, Sportvereinigungen, kulturellen Gruppen und anderen Bürgervereinigungen.
Zu Beginn unserer Bewegung haben wir die Solidarität als eine nicht aufzuhaltende Kraft erlebt. Dies sollten wir nicht vergessen. Unsere Gesellschaft braucht viele aktive Menschen, die für ihre Sache einstehen und die Solidarität für andere üben. Wir wollen für uns schaffen und den andern nicht vergessen. Wir Sozialdemokraten wollen eine Gesellschaft, in der
- die Jungen für die Alten,
- die Gesunden für die Kranken,
- die Nichtbehinderten für die Behinderten,
- die Arbeitenden für die Arbeitslosen
einstehen. Ziel dieser Solidarität ist es, dass das Leben für alle wertvoller wird. Diese Solidarität wollen wir festigen durch eine Sozialpolitik, die ein Gesetzeswerk schafft, damit Behinderte, Alte, Sozialschwache, Arbeitslose und andere aufgefangen werden, wenn sie in das gesellschaftliche Abseits zu rutschen drohen. Wir Sozialdemokraten wollen gesetzliche Regelungen schaffen, dass wir unter marktwirtschaftlichen Verhältnissen im Alter, bei Invalidität und bei Arbeitslosigkeit ein menschliches Auskommen haben.
Wir haben die Wende durch Solidarität erkämpft. Unbekannte haben sich auf der Straße kennengelernt und zusammen haben wir viel erreicht. Diese Solidarität sollten wir uns bewahren trotz unterschiedlicher politischer Auffassungen. Es gilt die von uns erkämpfte Chance zu nutzen und die Demokratie auszugestalten. Geben Sie dafür morgen ihre Stimme der Liste 20.
Vor den Kommunalwahlen hat der Arbeitsgruppenleiter Wahlen des Neuen Forums Ulrich Wittenberg in vielen Informationsveranstaltungen das neue Wahlsystem erklärt:
SPD-Flyer zur Volkskammerwahl am 18. März 1990
SPD-Postkarte von Klaus Staeck 1990
Informationen zur Kommunalwahl am 6. Mai 1990 brachte eine Ausgabe von Greifswald Extra. Das besondere Stadtblatt zu den Kommunalwahlen am 6. Mai, hrg. von Frank Pergande und Petra Hirsch Mai 1990, Preis: 50 Pfennig:
Später gedachte man mit einer Briefmarke der Ereignisse im Jahr 1989